Krise des Kapitalismus

Continental Babenhausen

"Wir gehen ... mit unserem Strukturprogramm die sich abzeichnende Krise in der Autoindustrie offensiv an und werden wie vor zehn Jahren aus ihr ein weiteres Mal gestärkt hervorgehen." Mit diesen Worten versuchte Dr. Elmar Degenhart, der Vorstandsvorsitzende des Automobilzulieferers Continental (ein Unternehmen der Schaeffler-Gruppe), das Personalabbau-Programm Transformation 2019 - 2029 schönzureden.

Gestärkt will vor allem die Eigentümerfamilie Schaeffler aus der Krise hervorgehen. Bereits 2008, während der letzten großen Wirtschaftskrise, waren die Schaefflers in den Medien präsent. Der Konzern hatte den wesentlich gewichtigeren Autozulieferer Continental (Conti - vor allem bekannt durch die Reifenproduktion) übernommen. Nach der Übernahme stellte sich heraus, dass die Schaefflers sich übernommen hatten. Das Bild von Maria-Elisabeth Schaeffler, deren dicke Tränen in ihren Pelzmantel kullerten, ging zur Jahreswende 2008/2009 durch die Medien. Fünf Jahre später sind Frau Schaeffler und ihr Sohn Georg mit einem Vermögen von 21,5 Milliarden Euro die reichste Familie Deutschlands. Gerettet wurde die Schaefflers vor allem durch ihre enge Verbundenheit mit der Commerzbank, die den Deal finanziert hatte und in Folge des Einbruchs der Continental-Aktien selbst auf staatliche Unterstützung angewiesen war. Der "VEB Commerzbank" war in dieser Zeit mit Steuergeldern, die einem Mehrfachen des damaligen Unternehmenswertes entsprachen, gerettet worden. Diese Rettung kam natürlich auch dem Schaeffler-Clan zu Gute.

Der Kapitalismus bewegt sich in Krisen. Die Tränen in Frau Schaefflers Pelzmantel sind zwar längst getrocknet, aber die sich anbahnende Krise scheint deutlich mehr destruktives Potenzial zu haben als die Krise 2007/2008. Zumal die Vorteile des deutschen Kapitals im internationalen Wettbewerb (Lohndumping durch die Agenda 2010, Senkung der Unternehmensbeiträge zu Kranken- und Rentenversicherung, Rente mit 67 etc.) inzwischen aufgebraucht sind und die ehemaligen Absatzmärkte durch die deutsche Exportwalze in den Ruin getrieben wurden. Mit Hilfe der Elektro-Mobilität wird versucht, der Automobilbranche aus der Krise zu Helfen.

Jetzt treffen die Gegenmaßnahmen des Schaeffler-Clans auch die Beschäftigten im südhessischen Babenhausen, einer Kleinstadt mit 17.300 Einwohnern. Dort sollen 2.250 der 3.700 Jobs gestrichen werden. Im üblichen Unternehmer-Sprech heißt es, dass die Stellen möglichst sozialverträglich abgebaut werden sollen. Nur wo dies nicht möglich sei, würden betriebsbedingte Kündigungen in Erwägung gezogen. Bis 2025 soll das Werk dort komplett geschlossen werden.

Es ist abzusehen, dass die Unternehmer-Familie auch diese Krise auf dem Rücken der Kolleginnen und Kollegen überstehen will und möglichst noch aus der Krise ihren Gewinn zieht. Seit 2010 haben die Kolleginnen und Kollegen bereits auf mehr als 100 Millionen Euro Lohn und auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet. Dies und unbezahlte Mehrarbeit waren in einem Ergänzungstarifvertrag vereinbart worden, um das damals angeschlagene Unternehmen zu retten. Im Gegensatz zu den Mitgliedern des Schaeffler-Clans werden die Beschäftigten diesen Verzicht mit deutlichen Einbußen bei Rente und Arbeitslosengeld spüren.

Am 24. Oktober fand ein Protestmarsch von 2.000 Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft IG-Metall statt.

Die herrschende Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung schützt Oligarchen wie Schaeffler, Albrecht, Porsche, Schickedanz und Co. Die Möglichkeit, Regierungsvertretern einen lukrativen Posten im Aufsichtsrat anbieten zu können, sorgt dafür, dass unsere "Volksvertreter" ganz klar die Interessen der Bevölkerung im Blick haben - sofern es sich um die Teile der Bevölkerung handelt, die Aufsichtsrats-Plätze zu vergeben haben. Daran wird sich solange nichts ändern, wie sich die Unternehmen und Konzerne in Privateigentum befinden. Da hilft auch kein Lohnverzicht!

Statt dessen sind Aktionen nötig, wie der Protestmarsch von 2.000 Conti-Beschäftigten am 24. Oktober in Babenhausen. Wo der Widerstand gegen die Angriffe der Kapitalisten dann auch auf branchenübergreifende Solidarität trifft, entstehen Perspektiven für den Kampf um eine andere Gesellschaft. In der die Beschäftigten von Conti gesellschaftlich geplant sinnvolle Dinge für unsere Mobilität produzieren. Einer solchen gesellschaftlichen Planung steht aber das Privateigentum an den Produktionsmitteln im Weg. Wie das Eigentum des Schaeffler-Clans an Continental.

Erst die gesellschaftliche Kontrolle der Produktion und das gesellschaftliche Eigentum an den Produktionsmitteln schafft die Voraussetzung, im Interesse der arbeitenden Menschen zu produzieren!