Automobilregion Südhessen

Arbeitsplatzabbau und Umwälzungen in der Industrie haben nichts mit Klimaschutz zu tun!

Zehntausende Arbeitsplätze hängen in Südhessen an der Automobilindus­trie. Neben Opel haben Hersteller wie Skoda, Suzuki und VW Niederlassun­gen in der Region. Aber auch Zuliefe­rer wie Continental, Mahle, Lear und unzählige kleinere Unternehmen, die ganz oder zu großen Teilen von der Automobilindustrie abhängig sind, produzieren hier. Eine Verkehrswende, weg vom Verbrennungsmotor, hin zu anderen Mobilitätskonzepten, wird in Südhessen also deutlich zu spüren sein. Gleichzeitig gibt es einen Pro­duktivitätsschub durch Digitalisierung und Automatisierung (Industrie 4.0). Diese Umwälzungen werden massive Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Menschen und Kommunen haben.

Die Einschläge kommen näher

12000 Arbeitsplätze bei Opel und 600 bei SCR Rhenus in Rüsselsheim, 3000 bei Continental in Babenhausen, 650 bei Lear in Ginsheim­-Gustavs­burg, 250 bei Suzuki in Bensheim... die Liste der angekündigten oder be­reits umgesetzten Stellenstreichungen oder Standortschließungen in Südhes­sen ist lang. Gemeinsam haben fast al­le diese Arbeitsplätze: sie sind tarifgebunden in der Metall­ und Elek­troindustrie, also vergleichsweise hoch bezahlt und mit geregelten Arbeitszei­ten.

Das Beispiel Continental

Das Werk in Babenhausen produ­ziert Instrumententafeln, Displays und Kameras für den Fahrzeuginnenraum. Ob E­Auto oder Verbrenner - diese Produkte werden noch lange benötigt und das Werk schreibt schwarze Zah­len. Mit Verkehrswende hat das also wenig zu tun. Trotzdem steht die Ent­scheidung: die Serienproduktion soll am Standort Babenhausen eingestellt werden. Der Hintergrund ist ein ande­rer, denn die Produktion soll wegen geringerer Arbeitskosten ins Baltikumverlagert werden. Den Großaktionä­ren, allen voran eine der reichsten Fa­milien Deutschlands, die Schäfflers, ist die Gewinnmarge in Babenhausen zu gering.

Wir brauchen eine Verkehrswende ­ aber nicht auf dem Rücken der Be­schäftigten

Auch den Beschäftigten der Auto­mobilindustrie ist klar: es muss eine Veränderung geben. Ein "Weiter so" mit immer mehr Autos kann es nicht geben. Alle haben ein Interesse an ei­ner umfassenden Verkehrswende hin zu mehr kollektiver und klimascho­nender öffentlicher Mobilität. Aber was hier gerade passiert hat nichts mit Klimaschutz zu tun - es ist schlicht und einfach Profitmaximierung auf dem Rücken der Beschäftigten. Statt die Produktion umzustellen und die Beschäftigten entsprechend zu qualifi­zieren, wird die Gelegenheit genutzt, lange gehegte Verlagerungspläne und Sparmaßnahmen umzusetzen. Von den Rekordumsätzen und ­gewinnen der letzten Jahrzehnte will man bei den Autobauern jetzt nichts mehr wissen. Subventionen mit Steuergeldern für die Elektromobilität und Qualifizie­rungsmaßnahmen mit den Mitteln der Arbeitslosenversicherung sollen es stattdessen für die Konzerne richten. Die Kollegen sollen also ihren Ar­beitsplatzabbau auch noch selber be­zahlen.

Verkehrswende geht nur mit Tarif­bindung und Arbeitszeitverkür­zung!

Diesen Zusammenhang muss man im Kopf haben, wenn man sich mit den Auseinandersetzungen in der Au­tomobil­ und Zuliefererindustrie be­schäftigt. Wir müssen den Kolleginnen und Kollegen in ihrem Kampf gegen Standortschließungen und in der kommenden Tarifrunde der Metall­ und Elektroindustrie den Rü­cken stärken. Unser gemeinsames Ziel kann nicht die Deindustrialisierung sein, sondern der Einsatz der Anlagen, aber auch der Kompetenzen und Er­fahrungen der Metallkollegen für kli­maschonende Technologien. Natürlich wird es Kollegen geben, für die eine Umschulung unumgänglich ist. Dann muss die gemeinsame Losung, über alle Branchen hinweg, lauten: Ver­kehrswende geht nur mit Tarifbin­dung! Bei vergleichbaren Gehältern findet man sicher sogar den ein oder die andere Metallkollegin, die sich zur Pflegekraft umschulen lässt... Und nebenbei: statt Arbeitsplatzabbau ist der bevorstehende Wandel die perfekte Gelegenheit für eine satte Arbeitszeit­verkürzung bei vollem Lohnausgleich. Dafür lohnt es sich zu kämpfen!

Erleichtern wir die Schäfflers & Co um ihre Milliarden - und am besten gleich um ihre Betriebe. Beides brau­chen wir für eine Verkehrswende im Interesse der Beschäftigten und aller Menschen in diesem Land!