Virus, Krise, Widerstand

oder: Was sonst noch wichtig ist

Seit März ist in den Medien von fast nichts anderem mehr die Rede als von der Corona-Krise. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass mit dem kapitalistischen System alles in bester Ordnung wäre und nur ein böses Virus nun alles durcheinanderwirbelte. Tatsächlich aber verhieß das Jahr 2020 von Anfang an dramatische Herausforderungen für alle Kräfte des Friedens und des Fortschritts. Daran hat sich durch die Pandemie nicht wirklich viel geändert. Die Systemkrise könnte sich sogar dramatisch verschärfen.

Die Strategie des Imperialismus zur Umkreisung der Russischen Föderation und der VR China geht weiter. Das von den USA geführte NATO-Manöver "Defender 2020" mit 37.000 Soldaten und einer großen Menge an Kriegsgerät wurde nicht aus Einsicht abgebrochen, sondern allein aus Angst vor einer Masseninfektion. Sobald es möglich ist, werden die Truppen erneut gegen Russland aufmarschieren. Was man sogar zum symbolträchtigen 75. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus wagen wollte, wird man dann erst recht tun. US-Präsident Trump bereitet mit seinen unbewiesenen Vorwürfen gegen China im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Pandemie bereits künftige Aggressionen gegen dieses Land vor.

Schon vor der Corona-Krise war der Abbau zehntausender Arbeitsplätze angekündigt worden. Schon damals musste man realistisch mit hunderttausenden rechnen, vor allem in Unternehmen der Automobilindustrie und deren Zulieferern, aber auch in anderen Industriekonzernen wie ThyssenKrupp sowie Handelsunternehmen. Schon damals rechneten viele Experten damit, dass eine Rezession, also ein neuer Krisenzyklus, kurz bevorstehe. Nun ist sogar von der stärksten Rezession seit der großen Weltwirtschaftskrise die Rede. Aber Schuld daran ist angeblich allein das Virus.

Wie wird das Kapitals mit dieser Situation umgehen? Durch Sozialisierung der Kosten, also Abwälzung der Kosten auf Beschäftigte und Steuerzahler, wie bisher immer. Die Beschäftigten werden zur Kurzarbeit gezwungen. Der Staat unterstützt die Firmen mit großzügigen Zuwendungen. Es ist zu befürchten, dass der bevorstehende massive Arbeitsplatzabbau mit dem Hinweis auf die Corona-Krise nicht mehr sozialverträglich erfolgen wird. Den Gewerkschaften sind größtenteils die Hände gebunden. Arbeitskampf findet kaum noch statt.

Die Klimafrage gehört zu den Themen, die derzeit komplett in den Hintergrund gerückt sind. Zuweilen wird gejubelt, dass sich die Natur vielerorts erholen würde. Aber das ist natürlich nur ein vorübergehendes Phänomen. Die Umweltschäden sind der Produktionsweise geschuldet und die ist kapitalistisch. Die Folgen dieser Entwicklung wie Flucht, Hunger, Ausbreitung von Wüsten und Kriege können von der kapitalistischen Gesellschaftsordnung nicht bewältigt werden. Die herrschende Klasse versucht stets, die bestehenden Probleme zu benutzen, um sich selber zu stärken und den arbeitenden Menschen das Fell über die Ohren zu ziehen.

Auch in der aktuellen Situation sollte nicht nur über die neuesten Zahlen der RKI geredet werden, sondern auch ab und an über Ausbeutung und Profit, über Mehrwert und Konkurrenz sowie über das Privateigentum an Produktionsmitteln und dessen Folgen.

Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP