23.03.1999 - Es begann mit einer Lüge:

Der Angriff der NATO auf Jugoslawien

Vor 3 Jahren schlug die NATO zu: 78 Tage lang zerbombte sie Jugoslawien. 2000 Zivilisten, darunter fast 800 Kinder und Jugendliche, wurden von der Nato zerfetzt, erschlagen, verbrannt. Nur so, behaupteten die NATO-Führer, ließen sich andere Zivilisten vor der jugoslawischen Armee retten. Doch die Gräueltaten, die Kriegsminister Scharping im deutschen Fernsehen den Jugoslawen anlastete, waren frei erfundene Gräuelmärchen.

In dem Fernsehfilm von Monitor "Es begann mit einer Lüge" (ARD am 08.02.2001 und WDR 3 am 19.02.2001) konnten die Fernsehauftritte Scharpings während des Krieges als Propagandalügen aufgedeckt werden: Kein KZ im Fußballstadion von Pristina, kein Massaker an albanischen Zivilisten im Dorf Rugovo, kein Hufeisenplan zur Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo. Die Zeugen, die Monitor aufspürte: Ein deutscher General bei der OSZE, ein deutscher Polizeibeamter, der im Kosovo tote UCK-Kämpfer geborgen hat. Außerdem ein albanischer Politiker aus Pristina, der die Stadt während der Angriffe nicht verlassen hatte, und weitere Albaner aus Dörfern, wo Scharpings Erfindungsgeist Massaker an Zivilisten ausgemacht hatte. Und schließlich noch Geheimpapiere aus den Stahlschränken des deutschen Kriegsministeriums. Selbst Schmidt-Jortzig (FDP), Kohls letzter Bundesjustizminister, hält diesen Krieg und seine Vorbereitung für rechtswidrig, wie in der UZ zu lesen war.

"Miserabel recherchiert" dröhnte es zu diesen Tatsachen aus der rot-grünen Koalition in einer aktuellen Stunde des Bundestags am 16.02.2001, die die PDS beantragt hatte. Getroffene Hunde bellen, kann man zu der Aufregung der regierungstreuen Kriegsfanatiker nur sagen. Material, das Scharping hätte entlasten können, ließ sich beim besten Willen nicht auftreiben. Doch von NATO-Sprecher Shea erhielt Scharping höchstes Lob für seine lügnerische Kriegshetze: Er habe "seinen Job gut gemacht". Ohne die deutsche Kriegspropaganda hätte man den Angriff nicht starten können, meinte Shea, vergaß aber hinzuzufügen: Ohne diesem Angriff würden Tausende von Zivilisten noch leben wie zum Beispiel die 3-jährige Milica Rakic, die in der elterlichen Wohnung in Batajnica nahe Belgrad auf dem Töpfchen sitzend von der NATO "aus humanitären Gründen" umgebracht wurde.

Einen Angriff unter Bruch des Völkerrechts, der die rücksichtslose und militarisierte Interessenvertretung der kapitalistischen Industrienationen augenfällig macht. Jugoslawien wurde zerstückelt, weil seine Weigerung, als geostrategisch bedeutendes Land dem IWF (Internationaler Währungsfonds) beizutreten, der herrschenden Weltordnung im Wege stand - ein demnach logisch-konsequenter Schritt, der nach dem Ende der Systemkonfrontation die Modernisierung der alten NATO zu einem Bündnis zur Durchsetzung der kapitalistischen Weltordnung besiegelte.

Der Prozess von Den Haag

Unter Bruch des Völkerrechts und unter Missachtung eines Urteils des jugoslawischen Verfassungsgerichts wurde der ehemalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic nach Den Haag entführt, um dort vor einen sogenannten "internationalen Gerichtshof" gestellt zu werden. Dass das Ziel dieses Verfahrens nicht Rechtsprechung sondern die propagandistische Selbstrechtfertigung der NATO Verbrechen ist, bleibt dem aufmerksamen Beobachter dabei nicht verborgen.

Ins Mark getroffen

So lautet die Überschrift eines Artikels von Klaus Hartmann in der UZ vom 22.02.2002, den wir im Folgenden wiedergeben: "Das Echo der Medien auf die Ausführungen von Slobodan Milosevic in Den Haag lässt keinen Zweifel: das war ein wirkungsvoller Schlag gegen alle, die seit über 10 Jahren an der antijugoslawischen Front aktiv sind, ob als BND-Agent, NATO-Politiker, Bomberpilot oder Medienvertreter von der "vierten Waffengattung". Entsprechend heulen sie auf wie die sprichwörtlichen getroffenen Hunde.

Ein "souveräner", "angriffslustiger" "Angeklagter" ist so gar nicht nach dem Geschmack der NATO-Hofberichterstatter, besonders nicht, wenn er die jahrelang verdrehte Wahrheit auf die Füße stellt und nachweist, dass die USA, Deutschland und die übrigen NATO-Länder die Hauptverantwortung für die Tragödie auf dem Balkan tragen.

Deshalb muss der Eindruck, den Milosevic bei seiner "Verteidigung" macht, nach Kräften verzerrt und niedergemacht werden. Deshalb werden Kommentare wie "Lügen und Videos" oder "Grand Prix für Demagogie" produziert und mit Attributen wie "unbelehrbar", "stur" und "aggressiv" nicht gegeizt. Noch wichtiger als das Niedermachen des Delinquenten ist aber, dass die Argumente von Milosevic als unglaubwürdig oder belanglos abgetan werden. Das geht erfahrungsgemäß am besten, wenn man sie gar nicht erst in die Öffentlichkeit durchdringen lässt.

So meinte der Fernsehsender Phoenix, nach Eigenwerbung "Ereignis- und Dokumentationskanal", nachdem zwei Tage lang die Verlesung der "Anklage" mit deutscher Übersetzung zu vernehmen war, am Donnerstag auf die Übersetzung der Gegenrede von Milosevic verzichten zu können. Die Deutsche Sektion des Internationalen Komitees zur Verteidigung von Slobodan Milosevic rief im Internet (www.free-slobo.de) zu Protesten bei der Phoenix-Redaktion auf und nach zahlreichen Fax- und E-Mail Protesten gab es am Freitag plötzlich eine deutsche Übersetzung.

Hingegen erklärte die "Übersetzerin" bei EuroNews ständig, dass ihr eine Übersetzung des "Tribunals" vorliege, doch gab sie keinen einzigen zusammenhängenden Satz daraus wieder; stattdessen wiederholte sie immer wieder, dass Milosevic "ein weiteres Bild aus einem anderen Dorf mit Opfern der Terroristen, wie er sie nennt, zeigt". Damit niemand erfährt, wann und wo es wie viele Opfer gab, aber völlig klar ist, dass die Mörder nach Meinung der Übersetzerin keinesfalls Terroristen genannt werden dürfen. Werner Pirker nannte in einem Kommentar für die junge Welt dieses "Dumpfbacken-TV" trefflich "Idiotisierung der öffentlichen Meinung". Dass "der US-Nachrichtensender CNN Bilder zensiert, die der Angeklagte als Beweismaterial vorlegte", meldete nur die Nachrichtenagentur AFP, "´zu plastisch´ für die Öffentlichkeit" hieß es zur Begründung von jenem NATO-Frontsender, der bedenkenlos gefälschte Bilder angeblicher "serbischer KZs" zeigte, die von Patin del Ponte präsentiert wurden.

Am Freitag schließlich kündigten Phoenix und EuroNews für den Nachmittag die Fortsetzung der Übertragung aus Den Haag an, um dann ohne Begründung darauf zu verzichten. BBC und CNN hatten schon im Laufe des Vormittags ihre Übertragung eingestellt. Im Zeichen von Demokratie und Ausgewogenheit wird nur eine, die NATO-"Wahrheit", akzeptiert.

So überrascht es auch nicht, dass hierzulande nur Financial Times und Neues Deutschland über den Beschluss der russischen Duma vom Freitag berichten, die mit 316 gegen 6 Stimmen Milosevics sofortige Freilassung forderte. Sie warf dem "Tribunal" vor, sich für Verbrechen der NATO und der albanischen Extremisten nicht zu interessieren.

Ein Thema, das die deutschen Medien umso ausgiebiger durchkauten, war die "Unverschämtheit" Milosevics, seine Anklage gegen die NATO mit der Vorführung des Monitor-Beitrags "Es begann mit einer Lüge" zu eröffnen. In fast allen Medienberichten wurde der Film als "umstritten" bezeichnet, weil die FAZ schon vor einem Jahr mit dem WDR um den Film herumstritt und jetzt höhnte, dass der "Film den WDR nicht mehr loslasse". Die CSU-Politiker Goppel und Huber forderten am Sonntag eine "offizielle Entschuldigung" des WDR-Intendanten Pleitgen für den Film. In entwaffnender Offenheit forderte Goppel, "dass Sender wie der WDR sich endlich ihrer übergeordneten Verantwortung bewusst sind" (Welt am Sonntag, 17.02.2002). Gleichschaltung der öffentlichen Meinung, das ist die übergeordnete Verantwortung in Kriegszeiten, wehrkraftzersetzende Feindpropaganda kann nicht geduldet werden.

Da hilft es Jörg Schönenborn, Chefredakteur des WDR-Fernsehens, gar nichts, wenn er Milosevics Berufung auf den Film als "absurd und dreist" bezeichnet. Denn zugleich betonte er, der Film sei "inhaltlich einwandfrei" gewesen und es gebe "keine Fakten zu korrigieren"! Nachdem alle "Gründe" für die NATO-Aggression als Zwecklügen enttarnt sind, hat die Milosevic-"Anklage" nur den Zweck, die NATO-Aggression nachträglich zu legitimieren. Da sich hierbei der Mangel an Beweisen als hinderlich erweisen dürfte, versucht die taz (15.02.2002) ihre Leser bereits auf ein nach Lynch-Manier mit dem schlichten Hinweis auf "Opfer" konstruiertes Urteil einzustimmen. Bereits aus allen bisherigen Enthüllungen folgt zwingend die Forderung nach unverzüglicher Freilassung von Slobodan Milosevic und der Auflösung des Haager Tribunals der Kriegsverbrecher. Die Aufgabe der Medien ist es, mit allen Mitteln zu verhindern, dass diese Logik ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt. Je weniger Milosevic selbst zu Wort kommt, umso größer sind ihre Chancen.

Die Karawane zieht weiter

Seit dem Terroranschlag vom 11. September 2001 ist angeblich nichts mehr wie bisher. Was sich tatsächlich geändert hat, ist die Kriegspropaganda. Beim Angriff auf Jugoslawien bediente man sich der Propagandalüge von den Menschenrechtsverletzungen, jetzt wird vom "Kampf gegen den Terror" gelogen. Nach Afghanistan sind die neuen Ziele fest im Visier, Irak und/oder Somalia, da gibt es noch Streit zwischen den führenden imperialistischen Nationen. Die Armeen, einschließlich der deutschen, stehen schon bereit, in Kuwait wegen Irak und vor der Küste Somalias. Eines dieser beiden Länder wird als nächstes von der großen Mordmaschine heimgesucht werden. Vielleicht auch schon mit den kleinen handlichen Atomwaffen der nächsten Generation, deren Einsatz die USA sich ausdrücklich vorbehalten. Aber auch die kleinen Mordmaschinen werden auf Kampf gegen den Terror umetikettiert, so aktuell in Kolumbien.

Der 23.03.1999 mahnt:

  • der Mordmaschine in den Arm fallen
  • Sozialismus oder Barbarei

DKP Kreis Bonn / Rhein-Sieg (v.i.S.d.P.)