IS auf dem Rückzug

US-Armee bombardiert syrische Truppen an der Grenze zu Jordanien

Manfred Ziegler

Die Tage des IS in Syrien sind gezählt. Unter dem militärischen Druck der überwiegend kurdischen SDF-Kämpferinnen und Kämpfer von Norden und der syrischen Armee von Westen muss sich der IS aus immer weiteren Gebieten Syriens zurückziehen, und auch im Irak wird er immer weiter zurückgedrängt.

Mit Hilfe ihrer Verbündeten und unterstützt durch die russische Luftwaffe gelingt es der syrischen Armee, die Kontrolle über Teile der Landesgrenzen zurückzugewinnen. Die Grenze zum Libanon gilt als gesichert, die Grenze zum Irak wird in immer größeren Teilen kontrolliert, auch von der irakischen Armee. Offen ist die Situation an der Grenze zu Jordanien. Hier sind nicht nur Dschihadisten aktiv, die von der US-Armee unterstützt werden, sondern US-Kräfte selbst. Im syrischen Grenzort at-Tanf befindet sich ein Militärstützpunkt der US-Armee und ihrer britischen und jordanischen Verbündeten. Der Versuch der syrischen Armee, in diesem Gebiet die Kontrolle über die Grenze zu übernehmen, endete in einem erneuten Luftangriff der USA.

Dennoch gelang es der Armee, die Kontrolle über weite Teile der kaum besiedelten Wüstengebiete östlich von Damaskus zu erlangen. Anders als in der Vergangenheit, in der es immer wieder zu einem Hin und Her zwischen Fortschritten der Armee und der Dschihadisten kam, scheint die derzeitige Offensive der Armee von dauerhaftem Erfolg. Das ist auch ein Ergebnis des Waffenstillstands und der Errichtung der "sicheren Zonen". Die Armee kann vorerst ihre Kräfte auf diejenigen Gruppen konzentrieren, für die der Waffenstillstand nicht gilt.

Im Norden kämpfen die Armee und die kurdischen SDF faktisch gegen den selben Gegner: Den IS. Doch ist das weniger eine militärische Zusammenarbeit, als vielmehr ein Wettlauf um Stützpunkte, Einfluss und Gebietskontrolle. Die Ziele: al-Raqqa und Deir Ezzor. Die Stadt Deir Ezzor selbst steht unter Kontrolle der Armee, ist aber seit langem umzingelt von Einheiten des IS. Ohne Absprache mit der Regierung führen die USA dort ihren eigenen Krieg. In Briefen an die UN forderte das syrische Außenministerium ein sofortiges Ende dieser illegalen Angriffe.

Die Verbündeten der USA, die "Syrian Democratic Forces (SDF)" stehen kurz vor der Stadt al-Raqqa, dem Herrschaftszentrum des IS. Die Armee dagegen nähert sich von Westen her erst der Grenze des Gouvernements. Um die Stadt möglichst schnell besetzen zu können, scheinen die SDF dem IS anzubieten, nach Süden Richtung Palmyra abziehen zu können. Das wäre eine durchaus feindselige Aktion gegenüber der Regierung. Ein erster Konvoi des IS hat bereits al-Raqqa Richtung Palmyra verlassen. Er wurde von der russischen Luftwaffe zerstört.

Die Tage des IS in Syrien sind gezählt - eine Lösung des Konflikts ist aber noch nicht in Sicht. Die Verhandlungen in Genf schleppen sich ohne neue Ergebnisse dahin. Der Leiter der syrischen Delegation bei den Verhandlungen in Genf al-Dschafari erklärte, dass in der letzten Verhandlungsrunde keiner der vier zentralen Themenkomplexe diskutiert wurde.

Die Zukunft des türkischen Einflussgebietes (Idlib) und des US/kurdischen Einflussgebietes im Norden Syriens sind vollkommen offen. Ebenso offen ist die Frage, wie die USA/Jordanien auf die Niederlage "ihrer" Dschihadisten im Süden Syriens reagieren werden.

Und schließlich steht für die USA der Krieg gegen Syrien in einem größeren regionalen Kontext. Auf dem Gipfeltreffen in Riad zwischen den Führern von arabischen und islamischen Staaten mit dem US-Präsidenten Donald Trump wurde eine Initiative vorgestellt, die den Kampf gegen Terrorismus und Extremismus fördern und Frieden und Stabilität in die Region bringen soll.

Ausgerechnet Saudi-Arabien im Kampf gegen den Terrorismus? Was gemeint ist, enthüllt der Text der Erklärung: Es geht gegen den Iran, der angeblich die Sicherheit und Stabilität der Welt gefährdet.