Requiem für die MUD

Venezuelas Opposition gespalten

Nach dem Erfolg der regierenden Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) bei den Regionalwahlen zerlegt sich die Opposition des südamerikanischen Landes nun selbst. Die PSUV hatte am 15. Oktober 18 Bundesstaaten gewinnen können, nur in fünf regiert künftig die Opposition. Als weitere Demütigung verlangte die verfassunggebende Versammlung zudem, dass alle gewählten Gouverneure vor ihr den Amtseid ablegen müssten. Die 18 sozialistischen Wahlsieger folgten der Aufforderung natürlich umgehend, vier der fünf Oppositionellen beugten sich der Aufforderung am Montag. Sie alle gehören der sozialdemokratischen "Acción Democrática" (AD) an - oder gehörten, denn als Reaktion auf den Schwur wurden sie von AD-Generalsekretär Henry Ramos Allup am Dienstag (Ortszeit) aus der Partei geworfen.

Zugleich zerbricht auch die Oppositionsallianz MUD (Tisch der demokratischen Einheit). Die in ihr zusammengeschlossenen Kräfte wurden ohnehin nur durch die gemeinsame Gegnerschaft gegenüber Präsident Nicolás Maduro zusammengehalten. Nach dem Scheitern der im Sommer über Monate verfolgten Strategie, die Regierung mit gewaltsamen Straßenprotesten zu stürzen - die mehr als 130 Menschen das Leben kostete -, sind die Gemeinsamkeiten aufgebraucht. Da ein Sturz Maduros nicht mehr unmittelbar bevorzustehen scheint, denken zahlreiche Politiker daran, wie sie ihre Schäfchen auch ohne Regierungswechsel ins Trockene bekommen können. Bei mehreren Wahlen im kommenden Jahr winken einträgliche Posten - da will man nicht abseits stehen.

Peinlich wird die neue Situation für die Europäische Union. Diese hatte Medienberichten zufolge in der vergangenen Woche den Weg für Sanktionen gegen Venezuelas Regierung geebnet. Unklar ist, wann diese formell beschlossen werden sollen - doch Sinn machen Strafmaßnahmen, die ja der Unterstützung der Opposition dienen sollen, kaum noch.

Zudem wird in dieser Frage die Verlogenheit der EU deutlich. Begründet werden die möglichen Sanktionen mit Menschenrechtsverletzungen bei der Unterdrückung der Proteste in Venezuela. Dort hatte die Opposition im Juli ein verfassungswidriges Plebiszit durchgeführt. Caracas interpretierte dieses als "interne Befragung" der MUD, ignorierte die Veranstaltung und führte zwei Wochen später die Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung durch. Innerhalb der EU gab es zuletzt andere Bilder: Ein von Madrid als verfassungswidrig verbotenes Referendum sollte am 1. Oktober in Katalonien durch brutale Polizeigewalt verhindert werden. Die Bilder von Nationalpolizei und Guardia Civil, die auf friedliche Wähler einschlugen, gingen um die Welt. Die Bilanz waren fast 900 Verletzte. Von Sanktionen gegen die spanische Regierung ist in Brüssel nicht die Rede - statt dessen stellten sich die Regierungschefs der EU hinter ihren Amtskollegen Mariano Rajoy.

Quelle: Tageszeitung junge Welt