Menschen mit Behinderungen

Rechte garantieren - Verschiedenheit anerkennen

Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Das heißt, dass die Ziele der Konvention in allen gesellschaftlichen Bereichen umgesetzt werden müssen. Dies erfordert die Inklusion der Menschen mit Behinderung. Selbstverständlich gilt dies auch für den Landkreis Darmstadt-Dieburg.

Behinderungen sind Bestandteil menschlichen Lebens. Die betroffenen Menschen erfahren eine Isolation von der Gesellschaft. Die isolierenden Bedingungen müssen aufgehoben werden und die gesellschaftliche Teilhabe ist so weit wie irgend möglich zu sichern.

Dafür braucht es sowohl persönliche Unterstützung der Betroffenen als auch die Gestaltung gesellschaftlicher Strukturen, die nicht diskriminieren und bevormunden, sondern die gesellschaftliche Teilhabe befördern. Menschen, die mit Behinderungen leben, haben selbstverständliche Rechte auf Unterstützung durch die Gemeinschaft.

Die Bundesregierung hat mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) einen Rahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geschaffen. Leider bringt dieser gesetzliche Rahmen und das dazugehörige Hessische Ausführungsgesetz nicht nur Vorteile für Menschen mit Behinderung, sondern auch neue Probleme.

So ist der Landkreis Darmstadt-Dieburg nun für einen veränderten Personenkreis zuständig: Die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche sowie Seniorinnen und Senioren mit Behinderungen fallen in seinen Zuständigkeitsbereich. Alle anderen erwachsenen Personen werden vom Landeswohlfahrtsverband (LWV) betreut. Für den Landkreis Darmstadt-Dieburg bedeutet dies vermehrte Steuerungs- und Verwaltungstätigkeit und höhere Kosten. Ob mit diesem so genannten "Lebensabschnittsmodell" für die Menschen mit Behinderungen weiterhin gleiche Bedingungen in allen Regionen Hessens erhalten bleiben, kann angezweifelt werden.

Wenn Kreise unterfinanziert sind, besteht immer die Gefahr, dass soziale Leistungen gekürzt werden.

Weiterhin müssen nun Fachleistungen von existenzsichernden Leistungen getrennt finanziert werden. Die als notwendig erachteten Fachleistungen erbringt weiterhin der LWV. Die existenzsichernden Leistungen erbringt der Landkreis.

Ziel soll eine höhere Selbstbestimmung behinderter Menschen sein. Doch die Frage wird sein: Stärkt diese Regelung die Selbstbestimmung oder überfordert sie die betroffenen Menschen?

Diese Trennung bedeutet, dass Grundsicherung beim Sozialamt beantragt werden muss, dass ein Girokonto selbst verwaltet werden muss und dass davon die Kosten der Unterkunft, die Lebenshaltungskosten und ggf. auch bestimmte Fachleistungen bezahlt werden müssen. Es gelten die Mietobergrenzen des Landkreises, die zwar um 25 Prozent überschritten werden dürfen, doch nicht hoch genug berechnet sind, dass damit eine behindertengerechte Wohnung leicht zu finden wäre.

Für die Betroffenen gilt eine Mitwirkungspflicht bei der Regelungen ihrer Angelegenheiten. Können alle diese Anforderungen erfüllen? Und wenn nicht, wer unterstützt sie dabei? Eine Assistenz für diese Mitwirkungspflicht gibt es nicht.

Menschen mit Behinderung haben Rechte!

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Schutz. Die meisten Behinderungen entstehen während eines Arbeitslebens. Gesunde und gesundheitsschonende Arbeitsbedingungen haben deshalb erste Priorität. Nach der Prävention kommt der Kündigungsschutz, der verhindert, dass Behinderte aus der Beschäftigung gedrängt werden. Zum Schutz gehört eine gute gesundheitliche Versorgung, die weitgehend sichert, dass sich die Behinderung nicht verschlechtert.

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Förderung. Sie müssen finanziell abgesichert sein. Sie brauchen eine umfassende medizinisch-therapeutische Betreuung, Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Verkehrsmitteln, Verkehrswegen, ihren Wohnungen, ihrem Lebensumfeld sowie schulischen und beruflichen Fördereinrichtungen.

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Arbeit. Auch wenn sie nur eingeschränkt arbeitsfähig sind, muss es Beschäftigungsmöglichkeiten geben.

Die Forderungen der Leistungsgesellschaft dürfen keinesfalls Maßstab sein - auch wenn der Arbeitsplatz teurer sein sollte als die Arbeitsleistung des Behinderten, ist für berufliche und soziale Partizipation zu sorgen. Betriebe müssen für Behinderte geeignete Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf Bildung und Ausbildung. Dies gilt nicht nur für körperlich beeinträchtigte Menschen. Auch durch soziale Deklassierung oder durch psychische Belastung isolierten Kindern und Jugendlichen sind entsprechende Bildungs- und Ausbildungsangebote zu machen. Ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen werden derzeit als Bildungsverlierer abgestempelt und sie werden nur schlecht in die Gesellschaft eingegliedert. Die Politik muss dafür sorgen, dass isolierende Barrieren überwunden werden können.

Die Schulen brauchen für inklusiven Unterricht eine gute Ausstattung, ein fachspezifisches Nachmittagsangebot und flächendeckend Schulsozialarbeit.

Auch während einer Berufsausbildung und bei der Eingliederung in die Arbeitswelt muss es eine fachlich qualifizierte Unterstützung geben. Dies alles kann nicht mit "Modellregionen" oder Schwerpunktschulen erreicht werden. Es muss die Regel im Bildungswesen sein.

Menschen mit Behinderung haben das Recht auf soziale Kontakte. Dazu gehört in erster Linie ein behindertengerechter öffentlicher Nahverkehr. Es braucht Treffpunkte, Kultur-, Bildungsangebote und Freizeitaktivitäten für Menschen mit Behinderungen.

Für alle diese Aufgaben müssen private Betriebe, öffentliche Betriebe und Kommunen in die Pflicht genommen werden. Die 5 Prozent Quote bei der Beschäftigung Schwerbehinderter ist besonders für große Betriebe zu gering.

Während die Behindertenrechte in aller Munde sind, wurden Sozialleistungen stark gekürzt, wird das Gesundheitswesen privatisiert und verteuert und werden therapeutische Hilfen eingeschränkt. Unterstützungsleistungen werden gekürzt oder entfallen. Es gibt keineswegs ausreichend Arbeits- oder Ausbildungsplätze für Menschen mit Behinderung.

Inklusion darf kein Lippenbekenntnis sein, während sich in der Realität die Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderung verschlechtern.

Dafür setzt sich die DKP ein:

  • Für Arbeitsplätze für Behinderte im öffentlichen Dienst - deutlich über den gesetzlich geregelten Anforderungen.
  • Die Ausbildungsquote im öffentlichen Sektor erhöhen. Behinderte und benachteiligte Menschen dürfen nicht abgewiesen werden. Bei Privatfirmen: Wer nicht ausbildet muss kräftig zahlen!
  • Fachlich qualifizierte Unterstützung bei der Berufsausbildung und Eingliederung in die Arbeitswelt.
  • Wir fordern eine stärkere Durchsetzung der "Behindertenquote" bei den im Kreis ansässigen Firmen. Wird diese Quote nicht erfüllt, müssen sehr viel höhere Ausgleichszahlungen gefordert werden. Gerade größere Unternehmen dürfen sich nicht aus der Portokasse von Ihrer sozialen Verpflichtung freikaufen können.
  • Erhalt und Unterstützung der Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
  • Für aktive Prävention im Arbeitsleben: in den Schulen muss die Aufklärung zur Sicherheit am Arbeitsplatz Pflicht sein. Der Kreistag muss sich stark machen für eine gute ärztliche Versorgung und selbst Prävention durch Aufklärung betreiben.
  • Hilfen bei der Beantragung existenzsichernder Leistungen durch das Sozialamt.
  • Einrichtung einer Kontakt- und Vermittlungsstelle bei der Kreisverwaltung für behindertengerechten Wohnraum.
  • "Betreutes Wohnen" kann für viele Betroffene eine Alternative sein und es ist für ausreichende Einrichtungen zu sorgen.
  • Barrierefreie Sozialwohnungen müssen gebaut werden.
  • Der Pflegegrundsatz "ambulant vor stationär" ist nach den Interessen der Betroffenen zu gestalten. Aufgrund ambulanter Pflege darf keine Isolation entstehen - weder für die Gepflegten noch für die Pflegenden.
  • Erhaltung der Kurangebote im Kreis. Ausreichende finanzielle Sicherung für Kranke und Behinderte, Hilfen bei hohen Therapiekosten und bei Pflegemitteln.
  • Kein Wettrennen der Pflegedienste um die niedrigsten Pflegesätze zu Lasten der Betroffenen. Qualität und Quantität der Betreuung müssen stimmen.
  • Treffpunkte (nicht nur) für Behinderte. Kulturprogramm, Bildungsangebot, Freizeitgestaltung - wohnortnah.
  • Der Landkreis Darmstadt-Dieburg soll "barrierefrei" werden, um Mobilität zu erleichtern und zu gewährleisten. Der ÖPNV muss behindertengerecht umgestaltet werden! Menschen mit Behinderung muss das Ein- und Aussteigen bei Bussen und Bahnen selbständig möglich sein.
  • Wir fordern deutlich ermäßigte Eintrittspreise (siehe auch Sozialpass) für Menschen mit Behinderung bei kulturellen Veranstaltungen und in öffentlichen Einrichtungen (Museen, Schwimmbäder, etc.) und beim ÖPNV.